Wesentliche Aspekte der Textrezeption mit exemplarischen Textbezügen:
Grundgedanke: Heimatverlust, Exilsituation mit unsicherer Zukunft und Bezug auf die Situation in Deutschland
Das lyrische Ich trauert um den Verlust seiner deutschen Heimat und deren Kultur.
Einzelaspekte unter Berücksichtigung des Form-Inhalt-Bezugs:
- Überschrift „Emigranten-Monolog“ nennt bereits das zentrale Thema (Gespräch mit sich selbst über den Heimatverlust)
- 5 Quartette, scheinbare Harmonie der Form: Wechsel zwischen fünf- und vierhebige Jamben, - unregelmäßiges Reimschema: umarmende in der ersten Strophe (abba), Paarreime in der zweiten und dritten (ccdd, eeff). Die vierte und fünfte Strophen weisen die gleichen Besonderheit auf: Abwechslung zwischen einem Vers ohne und einem Vers mit Reim (- g- g, - h, - h).
- die Stellung des lyrischen Ichs: Die Überschrift verweist auf die (Exil-) Situation des lyrischen Ichs. Beginn mit dem Personalpronomen „Ich“ (Strophe 1, Vers 1) und endet mit den Personalpronomen „Mir“, „Ich“ (5. Strophe) und deutet die subjektiven Gefühle des lyrischen Ichs an. Die zweite Strophe beginnt mit dem Personalpronomen „Wir“ und wird durch „alle“ ergänzt und verallgemeinert die subjektiven Empfindungen. Zur Verallgemeinerung dienen auch die intertextuellen Bezüge auf Heinrich Heine und Wolfgang von Goethe.
- Bedeutung der Zeit: Drei Zeitebenen : Vergangenheit (1.-2. Strophe), Gegenwart (5.) und Zukunft (4.) Vergangenheit Glück. Gegenwart Tod, Zukunft Ungewissheit. Es werden Tatsachen geschaffen, deren Folgen laut dem lyrischen Ich ein Glück in der Zukunft verhindern.
- Kontrast zwischen der Musikalität (Alliterationen, 5 Quartette) und Disharmonie durch Wechsel des Reimschemas sowie Antithesen
- Emphase „O, Röslein“
- Anaphern (V. 3-4, V.15-16, V.19-20)
- Alliterationen, Häufung von Wörtern mit dem Laut „ei“ („einst“ V.1, „Heine“ V.2, „seine“ V.3, „meine“ V.4 etc.), die die Nähe zu „Heim“(-weh); „Geier“, „Gräberreihen“ (V.11,12), „wird (…) wieder (…) wie (…) war“(V.13)
- Emphase „O, Röslein“
- Intertextualität und Anspielungen : Heine (Heines Lyrik u.a. „In der Fremde III“, „Die Loreley“), Goethe („Heidenröslein“)
- Metonymie für das deutsche Vaterland (Heimat) „Heine“, „Rheine“, „märkischen Sand“ (V.2, 3, 4)
- Parallelismus „Ich hatte einst“ (V.1) und „Wir alle hatten einst“ (V.5)
- Imperativ „siehe oben!“, Bezug auf das Vaterland unterbricht den Rhythmus durch den Einschub in Klammern
- zentrale Symbole für Tod und Zerstörung: „Pest“, „ Sturm“, „Geier“, „Gräber-reihen“, „Schwert“
- ausdrucksstarke Verben für Zerstörung und ?: „fraß“, „zerstoben“ (V.6), „brach“ (V.8), „schreien“ (V.11), „zerbrach“ (V.18) und das Adjektiv „stumm“ (V.9)
- Antithese „schreien“ (V.11) und „stumm“ (V.9) und damit die Zerrissenheit bzw. der innere Widerspruch des lyrischen Ichs; die gesamte 2. Strophe besteht von Vers zu Vers aus Antithesen, in der 3. Strophe „sicherm Wohnsitz“ verhält sich antithetisch zu den zahlreichen Wörtern für Zerstörung und Tot, wie auch am Ende der 3. Strophe „Gräberreihen“.
- Neologismus und Euphemismus „Kraftdurchfreude“ weist auf die nationalsozialistische Organisation hin, die für die Gleichschaltung und Überwachung der deutsschen Bevölkerung verantwortlich war.
- Paradoxon „Das wird nie wieder wie es war, wenn es auch anders wird.“ drückt nicht nur die Ungewissheit, was die Zukunft bringen wird aus, sondern verstärkt diese noch einmal, durch die paradoxe Wiederholung der selben Aussage.
- metaphorische und euphimistische Beschreibung des Kriegsende in der Zukunft: „Auch wenn das liebe Glöcklein (Verkleinerung) tönt, Auch wenn kein Schwert (Symbol für Krieg) mehr klirrt, zudem eine Lautmalerei.
- starke Methapher für den inneren Zustand des lyrischen Ichs, u.a. wegen des Heimwehs: „Das Herz in mir zerbrach“.
- einige Natursymbolik, die sich auf das schöne Vaterland in der Vergangenheit beziehen: „Nachtigall“ als Singvogel und Symbol des Frühlings, „Rheine“, „märkischem Sand“, „Röslein auf der Heide“
- sematische Feld der „Tones“, d.h. Widerstreit zwischen Stille „stumm“, „Gräberreihen“ und Krach „schreien“ „tönt“, „klirrt“. (erneuert Hinweis auf die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs)
- Offenes Ende und indirekte rhetorische Frage, durch das Fragewort: „wonach“ damit noch einmal die innere Zerrissenheit sowie Ungewissheit der Zukunft des lyrischen Ich
Mögliche Interpretationansätze:
- Exil als Verlust der Heimat (räumliche und geistige)
- Die Ungewissheit der Zukunft trägt zur inneren Zerrissenheit eines Exilanten bei
- Gegenwärtige Situation in Deutschland ist gekennzeichnet durch Krieg, Tod, Zerstörung und Nationasozialismus
- Die Exilsituation ist kein Einzelschicksal, dennoch steht jeder Einzelne mit seinen Emotionen für sich allein
- Der Exilant kann nicht nahtlos nach seinem Exil an seine Vergangenheit anknüpfen (Exil=Bruch im Leben)
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